Leistungen und Defizite der DDR- und vergleichenden Deutschland-Forschung

Leistungen und Defizite der DDR- und vergleichenden Deutschland-Forschung

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Leistungen und Defizite der DDR- und vergleichenden Deutschland-Forschung

 Rüdiger Thomas

Forschung zielt auf die (methodisch abgesicherte) Ermittlung von Tatsachen, ihre (systematische) Einordnung in Strukturen und Bedingungszusammenhänge und eine (theoriegeleitete) Interpretation der so gewonnenen Erkenntnisse. Mißt man die DDR-Forschung an einem solchen Wissenschaftsverständnis, wird deutlich, daß mit Pauschalurteilen, die derzeit in Mode gekommen sind, kein Beitrag zu einer sachgerechten Bewertung ihrer Leistungen und Mängel erbracht wird.

1. Die DDR-Forschung als Politikum

Eine verbreitete Kritik besagt, die DDR-Forschung habe das Ende der DDR nicht prognostiziert und schon damit ihre Inkompetenz unter Beweis gestellt. Sie verkennt, daß sich die Relevanz sozialwissenschaftlicher Forschung nicht durch ihre Prognosefähigkeit begründet, sondern durch die umfassende Analyse von politischen, ökonomischen, sozialen und kulturellen Zuständen und Entwicklungsprozessen. Forschung zielt auf Realitätserkenntnis, sie ist nicht das Orakel von Delphi. Und Pythia ist mit der Forschung nicht enger verwandt als mit der Politik oder der Publizistik – deshalb bleibt die Geschichte wissenschaftlicher Prognostik auch eine Geschichte von Irrtümern.

Karl Marx hatte den Versuch unternommen , die Geschichte der Menschheit in Analogie zu den Naturwissenschaften als einen gesetzmäßigen Prozeß zu deuten. Die von ihm propagierte materialistische Geschichtsauffassung, ein teleologischer Determinismus mit der Zielperspektive der “ kommunistischen Gesellschaft“, hat sich nicht nur als eklatante sozialwissenschaftliche Fehlprognose erwiesen, sondern nachdrücklich verdeutlicht, daß sich Geschichte in einem offenen Horizont der Zukunft vollzieht, der durch das Handeln von Menschen bestimmt wird. Die Sozialwissenschaften können zwar Entwicklungstrends eruieren und daraus Hypothesen ableiten, doch müssen sie dabei ein erhebliches Irrtumsrisiko in Betracht ziehen. Prognosen über die Entwicklung von sozialen Systemen sind in ihrer zeitlichen Dimension und im Hinblick auf die eingenommene Zielperspektive spekulative Zukunftsprojektionen.

Es erscheint daher wenig ergiebig, die Debatte über die Qualität der DDR- und vergleichenden Deutschland-Forschung an der Frage ihrer Prognosekompetenz festzumachen, noch bevor man sich mit ihren konkreten Erkenntnisleistungen beschäftigt hat. Eine rückwärtsgerichtete Teleologie, die uns nachträglich zu erklären weiß, warum es so kommen mußte, wie es sich tatsächlich ereignet hat, mag zwar den Anschein erwecken, recht bekommen zu haben, doch handelt sie nur mit kleiner Münze, sofern sie ihre Einsichten post festum verkündet. Festzuhalten bleibt, daß es niemand – in Wissenschaft, Politik und Publizistik – gegeben hat, der den Zusammenbruch des Kommunismus kurzfristig vorhergesagt hätte. Daß dies auch keinem DDR-Forscher gelungen ist, kann daher nicht überraschen, noch viel weniger kann es ein Unwerturteil über eine ganze Forschungsrichtung begründen.

Ein zweiter Vorwurf, der sich gegen die DDR-Forschung richtet , besagt, ein erheblicher Teil habe sich dadurch diskreditiert, daß er den Anspruch auf Wiedervereinigung, ja sogar die „Einheit der Nation“ preisgegeben habe. Damit sei die Endgültigkeit der staatlichen Teilung Deutschlands akzeptiert und der Unrechtscharakter des SED-Regimes in der DDR verharmlost worden. Dieser Vorwurf richtet sich vornehmlich auf die politische Orientierung von DDR-Forschern und reiht sie ein in die „Galerie der Blamierten“ (Hans-Peter Schwarz).

Die DDR-Forschung war nicht nur ein schwieriges wissenschaftliches Projekt, sondern immer zugleich ein Politikum. Sie hat nicht nur eine – unter komplizierten Forschungsbedingungen zu vollziehende – Erkenntnisfunktion, sondern auch eine außerwissenschaftliche Orientierungsfunktion wahrgenommen, indem sie die Entwicklung der DDR im Kontext der deutschen Nachkriegsgeschichte politisch einzuordnen suchte. Dieser Doppelcharakter der DDR-Forschung, der ihr immer – implizit oder ausdrücklich – zugleich den Status vergleichender Deutschland-Forschung verlieh, hat dazu geführt, daß sie in der Bundesrepublik – in ihren unterschiedlichen Ausprägungen – zur Rationalisierung deutschlandpolitischer Optionen und Strategien in Anspruch genommen wurde. (Dabei läßt sich im einzelnen schwer aufklären, inwieweit sie politische Entscheidungen selbst beeinflußt oder von diesen forschungspraktisch motiviert bzw. konditioniert wurde.) Im SED-Staat wurde die DDR-Forschung ausschließlich ideologisch perzipiert: als subtile Form intellektueller Subversion, die zur Erosion der herrschenden Staatsideologie beitragen sollte. Mit ihren Erkenntnissen hat man sich substantiell kaum auseinandergesetzt. Und für das „Deutschland Archiv“ bestand ein weitgehendes Zitierverbot.

Die politische Instrumentalisierung der DDR-Forschung wurde – vornehmlich in den siebziger Jahren – in der Kontroverse zwischen den Verfechtern des Totalitarismuskonzepts und der Modernisierungstheorie, also im Konflikt zwischen zwei globalen Deutungsmustern, auf markante Weise deutlich. Zeitweilig dominierte eine Lagermentalität, die sich mehr für die politischen Implikationen wissenschaftstheoretischer Orientierungen interessierte als für deren erkenntnisaufschließende Funktionen. Die beiden konkurrierenden Deutungsmuster wurden zudem ausschließlich als divergente Forschungsansätze betrachtet, ihre komplementäre Funktion wurde demgegenüber kaum erkannt1 .

Die Analyse politischer Strukturen (Totalitarismustheorie ) oder gesellschaftlicher Prozesse (Modernisierungstheorie) implizierte zwar unterschiedliche Forschungsperspektiven, doch war es keineswegs zwangsläufig, daß ihre Vertreter damit auch einseitig politischen Grundströmungen zugerechnet werden mußten. In der Praxis zeigte sich aber, daß die sozialwissenschaftliche DDR-Forschung, die in erster Linie den Systemwandel und seine Bedingungsfaktoren untersuchte, zur Legitimation einer Deutschlandpolitik in Anspruch genommen wurde, die auf Systemöffnung, auf „Wandel durch Annäherung“ (Egon Bahr), setzte. Eine Forschungsrichtung, deren Erkenntnisinteresse demgegenüber vorrangig darauf gerichtet war, Machtstrukturen zu analysieren, konkret: die normative und reale Kluft zwischen Demokratie und Diktatur aufzudecken, schien zugleich Argumente gegen eine Entspannungspolitik zu liefern, deren Hoffnung auf einen Systemwandel durch Einwirkung von außen in dieser Sichtweise als illusionär betrachtet wurde.

In der Bundesrepublik wurde in den siebziger Jahren – anders als in den USA – diese eigentümliche und vordergründige Verbindung zwischen wissenschaftlichen Denkschulen und politisch-strategischen Orientierungen kaum aufgebrochen – etwa durch den naheliegenden Gedanken, daß eine Diktatur durch Systemöffnung eher destabilisiert werden könnte als durch defensive Abgrenzung. Entspannungspolitik als eine offensive Strategie schrittweiser Systemtransformation – wie sie Egon Bahr in seiner Tutzinger Rede im Juli 1963 postuliert hatte – war mit den Axiomen der Totalitarismustheorie durchaus vereinbar, auch wenn diese Einsicht in den deutschlandpolitischen Kontroversen der siebziger Jahre weitgehend verlorengegangen war.

Die vorschnelle und verkürzte Vermischung von Politik und Wissenschaft hat eine sachgerechte Beurteilung der DDR-Forschung in der Vergangenheit oft erschwert, und diese Hypothek ist bis heute nicht abgetragen.Meine erste These lautet daher: Bei der Bewertung der DDR-Forschung muß zwischen ihrer politischen Urteilskompetenz und ihrer wissenschaftlichen Erkenntnisleistung unterschieden werden.

 

2. Die DDR-Forschung als Wissenschaft

Jens Hacker hat 1992 ein voluminöses Werk vorgelegt, das akribisch deutschlandpolitische Fehleinschätzungen bilanziert, die in der Geschichte der Bundesrepublik formuliert worden sind2 . Der eindrucksvolle Umfang seines Buches läßt Vollständigkeit vermuten, doch beschränkt sich der Autor vorwiegend auf die Frage, „wie es die politischen Parteien und wichtige gesellschaftliche Institutionen, die betroffenen Wissenschaften, Publizistik und öffentliche Meinung mit der Problematik der Einheit Deutschlandsgehalten haben“3 .

Dies ist ein notwendiger und wichtiger Beitrag zur Geschichte der deutschen Frage, der Respekt und Anerkennung verdient. Die Resonanz auf Hackers „Sündenregister“ war beträchtlich, doch hat es leider Mißverständnisse begünstigt, die der Autor nur teilweise selbst zu verantworten hat. Der Untertitel „Schönfärber und Helfershelfer der SED-Diktatur im Westen“ ist ein Ärgernis, das der aufklärerischen Absicht seines Autors widerspricht, weil es alle jene pauschal und undifferenziert unter den diffamierenden Verdacht einer politischen Gesinnungskumpanei mit der SED stellt, die das Ziel der staatlichen Wiedervereinigung im Rahmen der Blockkonfrontation für unrealistisch gehalten und Alternativen zur Überwindung der Trennung der Menschen in Deutschland gesucht haben.

Wer Hackers Buch sorgfältig gelesen hat, wird über ein zweites Mißverständnis überrascht sein: die Annahme, hier werde mit den Fehlleistungen der DDR-Forschung umfassend und gründlich abgerechnet4  . Erst im letzten Teil seiner Darstellung kommentiert der Autor“ Verdienste und Defizite der SBZ-/DDR- und vergleichenden Deutschland-Forschung“ auf etwa 40 Seiten5  , wobei weite Bereiche der Forschung ebenso ausgeblendet bleiben wie die Entwicklung in den achtziger Jahren. Diesbezzüglich liefert Hacker allenfalls einen streitbaren Diskussionsbeitrag, doch hat sich die Wirkung des Buches gegenüber den Intentionen des Autors in dieser Hinsicht offenbar verselbständigt.

Mangelndes Differenzierungsvermögen zwischen Politik und Wissenschaft wurde zum Nährboden einer gesinnungspublizistischen Fehlwahrnehmung, die ebenso summarisch wie polemisch konstatierte, die DDRForschung habe „kläglich versagt“6 . Kein DDR-Forscher, aber auch kein Fachwissenschaftler, der sich der Mühe unterzogen hat, die Ergebnisse der DDR-Forschung konkret zu prüfen, hat sich diesem pauschalen Vorwurf angeschlossen, den auch Jens Hacker in seinem Buch ausdrücklich zurückweist. Prominente Soziologen wie Bernhard Schäfers und Wolfgang Zapf haben nicht nur die eigenen Versäumnisse ihrer Zunft bei der wissenschaftlichen Analyse der DDR-Gesellschaft kritisiert, sondern auch ausdrücklich auf relevante Leistungen der sozialwissenschaftlichen DDR-Forschung verwiesen, die unter schwierigen forschungspraktischen Bedingungen erbracht worden sind7 . Für andere Teildisziplinen der DDR-Forschung stehen ähnliche Reaktionen der ihnen zugeordneten „Mutterwissenschaften“ überwiegend noch aus. Dabei wäre es besonders wichtig, wenn sich der Diskurs über Leistungen und Defizite der DDR- und vergleichenden Deutschlandforschung nicht auf die ehemals konkurrierenden Protagonisten der eigenen Zunft beschränken wurde, sondern das unvoreingenommene Urteil kompetenter Fachautoritäten einbeziehen könnte.

Kar! C. Thalheim, einer der Begründer und frühen Mentoren der wirtschaftswissenschaftlichen DDR-Forschung, hat als einer der ersten dem Verdikt wissenschaftlicher Inkompetenz, wie er von einer aus politischen Motiven gespeisten Pauschalkritik seit dem Zusammenbruch des SED-Regimes kolportiert wurde, entschieden widersprochen: „Sicherlich hat es auch in der wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Forschung über die DDR Irrtümer, Fehlurteile und falsche Prognosen gegeben; aber sie sind keineswegs kennzeichnend für die gesamte Forschung in diesem Bereich.“8 Eine Evaluierung der DDR-Forschung muß nach ihren Erkenntnisleistungen fragen, sie darf sich nicht darauf beschränken, post festurn politische Einschätzungen und Prognosen zu bewerten. Ansätze für einen solchen produktiven Umgang mit der DDR-Forschung bieten insbesondere die kritischen Bilanzen von Eckhard Jesse9  und Detlef Pollack10 . Sie registrieren nicht nur Fehleinschätzungen und Desiderate, sondern strukturieren vor allem wissenschaftstheoretische und methodologische Konzepte und versuchen, die wissenschaftliche Relevanz von Forschungsergebnissen differenziert zu benennen. Sie verdeutlichen damit, daß es nicht ausreicht, politische Irrtümer aufzudecken, wenn man über die Substanz von Forschung zu urteilen beabsichtigt – eine Versuchung, der auch Jens Hacker in seinem Buch nicht immer entgeht.

Mit selektiven Zitaten werden hier die Fehleinschätzungen der „politologischen DDR-Forschung“ pauschal kritisiert, denen die „realistische Einschätzung der DDR durch die Rechtsforschung“ gegenübergestellt wird: „Der Rechtswissenschaftier besitzt gegenüber den meisten anderen Sozialwissenschaftlern einen großen Vorteil, wenn er sich mit der DDR – oder einem anderen östlichen Staat – befaßt: Er hat als einziger die Möglichkeit, auf der sicheren Basis des authentischen Rechtsmaterials zu arbeiten … Er ist im Gegensatz zu den anderen Sozialwissenschaftlern in der Lage, relevante Aussagen zu machen, auch wenn sie sich auf Vorgänge beziehen, die er nur ‚von außen‘ zu beurteilen vermag“11 . Diese Sichtweise ist dann wohl doch zu einfach, um wahr zu sein. Ein Beispiel mag diese Feststellung illustrieren.

Ein vorzüglicher Kenner des DDR-Strafrechts, der in einem 1988 veröffentlichten Aufsatz die Entwicklung des Strafrechts in der DDR präzise und ohne jede Beschönigung beschreibt, schließt seine Analyse mit diesem Resümee ab: „Es bestehen also zahlreiche Ansätze und Anzeichen für einen Wandel des Strafrechts der DDR, der insbesondere auf eine Abkehr von dem strengen Repressionssystem hinzielt . Möglicherweise wird ein Vergleich des Strafrechts in den beiden deutschen Staaten in wenigen Jahren deutlich mehr Gemeinsamkeiten erbringen, als sie für die Entwicklung der letzten 15 bis 20 Jahre festgestellt werden konnten.“12  Hätte ich dieses Zitat isoliert benutzt, wäre ich einer derzeit üblichen Praxis gefolgt: Durch Ablösung von politischen Schlußfolgerungen aus dem Analyse-Kontext werden Negativurteile begründet, die dem sachlichen Gehalt der Analyse selbst –genauer: ihrer wissenschaftlichen Substanz – in keiner Weise gerecht werden.

Es muß daher gefordert werden, Leistungen und Fehleinschätzungen differenziert zu benennen, wenn ein zuverlässiges Bild über die DDR-Forschung gezeichnet werden soll13 . Damit soll keineswegs gesagt sein, daß eine selbstkritische Aufarbeitung der DDR-Forschung überflüssig wäre14 . Doch muß sie an der Sache selbst ansetzen, sie sollte sich nicht auf die Suche nach dem politischen Standort der Forscher beschränken, sondern Leistungen und Defizite der Forschung konkret reflektieren – ohne einseitige Schuldzuweisung und ohne selbstgerechten Triumphalismus15 .

Kritikwürdig und erklärungsbedürftig ist die Tatsache, daß weite Teile der sozialwissenschaftlichen DDR-Forschung in ihren Analysen seit Beginn der siebziger Jahre in auffälliger Weise auf den Begriff der „Diktatur“ zur Kennzeichnung des SED-Regimes verzichtet haben. Es kann nicht  bestritten werden, daß in den siebziger Jahren ein intellektuelles Klima entstanden war, in dem erhebliche Teile der politischen Linken die fundamentale Differenz zwischen einem freiheitlichen demokratischen Sozialismus und dem Monopolsozialismus der kommunistischen Staatsparteien verkannt haben. Fasziniert von der Emphase gesellschaftlicher Reformpolitik im Westen, haben sie den diktatorischen Machtwillen kommunistischer Parteiführungen gründlich unterschätzt und den Einfluß reformkommunistischer Ideen und die gesellschaftliche Eigendynamik – die sie sich durch Rückgriff auf konvergenztheoretische Hypothesen und modernisierungstheoretische Konstrukte plausibel machten – offenkundig überbewertet. Daß solche Erwartungen von kommunistischen Systemkritikern – wie Robert Havemann oder in der Sowjetunion lange Zeit auch von Andrej Sacharow – geteilt wurden, zeigt auf eindrucksvolle Weise an, wie sehr dieses Orientierungsmuster dem vorherrschenden Zeitbewußtsein entsprach.

Solche Irrtümer aufzudecken, denen auch der Autor teilweise selbst erlegen ist , stellt eine wichtige Aufgabe ideologiekritischer Selbstreflexion dar. Es ist freilich eine ganz andere Frage, ob solche Grundannahmen, die dem Forschungsprozeß vorausgehen, die Resultate der Forschung selbst verfälscht haben. Man wird allerdings feststellen müssen, daß dadurch wichtige Forschungsschwerpunkte ungerechtfertigterweise vernachlässigt worden sind.  Wer aus Furcht vor dem Vorwurf einer bellicosen Rhetorik zögerte, die DDR als „Diktatur“ zu kennzeichnen, mochte sich kaum der Analyse ihres Repressionsystems zuwenden, wobei der Mangel an überprüfbaren Informationen nur eine vordergründige Rechtfertigung ür diese Selbstbeschränkung bieten konnte. Dabei waren gewiß noch ganz andere Motive bedeutsam, auf die Eckhard Jesse verwiesen hat: „Ein Teil der hiesigen Forschung war froh über erste, auch offizielle Kontakte zu DDR-Wissenschaftlern und fürchtete offenbar, eine deutlichere Sprache könnte als Bellizismus gedeutet werden und die geknüpften dünnen Fäden trennen.“16

So läßt sich nachträglich erklären, warum die Institutionen des Überwachungsstaates in der DDR-Forschung kaum die notwendige Beachtung gefunden haben, und es bleibt ein Makel, daß Karl Wilhelm Fricke der einzige war, der sich mit dem Ministerium für Staatssicherheit und der Praxis der politischen Justiz in der DDR eingehend beschäftigt hat. Fricke hat dazu ebenso treffend wie mokant angemerkt: „Das Ministerium für Staatssicherheit wurde mithin für die wissenschaftliche DDR-Forschung erst entdeckt, als es nicht mehr existierte.“17 Merkwürdig ist freilich, daß auch die Totalitarismustheoretiker diesem Thema kaum die gebotene Beachtung geschenkt haben, und die Geschichte oppositioneller Bewegungen in der DDR zählt ebenso zu den vernachlässigten Themenfeldern der gesamten DDR-Forschung – von wenigen Außenseitern der Zunft in den achtziger Jahren abgesehen18 . In diesem Zusammenhang sollten freilich keine falschen Legenden entstehen: In der sozialwissenschaftlichen DDR-Forschung gibt es kaum eine Studie, die das Regime der DDR nicht ausdrücklich als ein System der Unfreiheit gekennzeichnet hat, auch wenn es zutrifft, daß zahlreiche Forscher die Möglichkeit einer Liberalisierung des Systems überschätzt haben.

Es ist ein Gebot wissenschaftlicher Redlichkeit, die angeführten Fehlleistungen selbstkritisch zu konstatieren, doch sollten daraus keine falschen Schlüsse gezogen werden. Wer den Begriff der“ Diktatur“ vermieden hat, muß zwar den politischen Vorwurf hinnehmen, die Machtverhältnisse in der DDR nicht beim Namen genannt zu haben. Dieser berechtigte Einwand setzt jedoch nicht die konkreten Forschungsergebnisse außer Kraft, die eine sozialwissenschaftliche Analyse der Funktionsweise des politischen Systems der DDR erbracht hat. So wird etwa die wissenschaftliche Leistung von Peter Christian Ludz nicht durch den Umstand geschmälert, daß er die politische Herrschaftsform der DDR schon Ende der sechziger Jahre – mit gewichtigen Argumenten aus der soziologischen Forschung in den USA – als „konsultativen Autoritarismus“ gekennzeichnet hat19 . Falsch ist auch der Vorwurf, der von Ludz und seinen zahlreichen Schülern in der DDR-Forschung vertretene kritische Rationalismus sei eine „systemimmanente“ Betrachtungsweise gewesen , die sich an den von der SED proklamierten „System“-Zielen orientiert habe. Es zeugt von mangelnder Kenntnis der Wissenschaftstheorie, wenn der kritische Rationalismus als eine Forschungsrichtung verstanden wird, die auf Werturteile prinzipiell verzichtet. Der kritische Rationalismus orientiert sich vielmehr an der Zielsetzung, „empirische Deskription und Werturteile zu trennen“20 . Wer die Ermittlung von Tatsachen als „Detailismus“21  kritisiert und statt dessen die Formulierung von politischen Bewertungen als zentrale Aufgabe der Wissenschaft deklariert , setzt sich der Gefahr aus, einem Wissenschaftsverständnis zu folgen, das die Grenzen zwischen Objektivität und Parteilichkeit verwischt. Der Verzicht auf die Totalitarismustheorie entwertet nicht apriori die Erkenntnisse sozialwissenschaftlicher DDR-Forschung, die sich an modernisierungstheoretischen Fragestellungen orientiert, ebensowenig wie ein „essentieller Antikommunismus“ (Detlef Herrmann) per se ein wissenschaftliches Qualitätsmerkmal darstellt, auch wenn er politisch geboten war.

Daß auch konservative Forscher nicht vor politischen Fehlleistungen gefeit waren, soll hier zumindest angemerkt werden. Nicht nur eine wichtige politische Parteigruppierung (CDU /CSU), sondern auch renommierte Wissenschaftler haben die Sprengkraft der KSZE-Schlußakte für die Destabilisierung kommunistischer Herrschaft in der DDR und im östlichen Teil Europas fundamental verkannt, indem sie gegen die Ratifizierung des Helsinki-Dokuments, das am 1. August 1975 unterzeichnet worden ist, grundsätzlich opponierten, weil sie es – entgegen dem Wortlaut des Textes – nur als endgültige Anerkennung des Status quo in Europa mißverstanden haben. Aufgrund ihrer strukturbezogenen statischen Systemwahrnehmung haben sie zehn Jahre später auch die Perestrojka-Politik Gorbatschows lange Zeit – wie etwa Konrad Löw – nur für ein besonders raffiniertes Täuschungsmanöver sowjetkommunistischer Propaganda gehalten – nachdem sozialwissenschaftlich orientierte Kommunismusforscher längst erste Ansätze für eine fundamentale Veränderung des Sowjetsystems diagnostiziert hatten22.

Eine kritische Reflexion über wissenschaftliche Defizite und politische Fehleinschätzungen der DDR-Forschung kann nur dann den aktuellen Forschungsprozeß fördern, wenn sie auf einseitige Schuldzuweisungen verzichtet und auch die eigenen Erkenntnisschranken offenlegt. „Schließlich haben auch jene Forscher, die sich den systemimmanenten Ansatz nicht zu eigen machten, die mangelnde Stabilität der DDR keineswegs erkannt und ihr Ende nicht prognostiziert. Der Totalitarismus-Ansatz basierte gerade auf der Prämisse, das kommunistische Machtmonopol sei unantastbar.“ 23 Wichtiger noch erscheint mir der Hinweis, daß die Totalitarismustheorie zwar imstande war, die Machtstruktur der DDR zu analysieren, doch blieb dabei die Entwicklung der Gesellschaft weitgehend ausgeblendet. „So konnte hier keine Theorie strukturell erzeugter Krisenpotentiale oder systemrelevanter Wandlungstendenzen entstehen.“24 Diesem Manko konnte die sozialwissenschaftliche DDR-Forschung entgehen, gerade weil sie vorrangig auf die Analyse sozialer Prozesse gerichtet war.

Die Geschichte der sozialwissenschaftlichen DDR-Forschung hat in den achtziger Jahren einen Prozeß der politischen Ernüchterung und der wissenschaftlichen Differenzierung durchlaufen, der sie – im Unterschied zu den totalitarismustheoretischen Forschungsansätzen – befähigt hat, die verschärft hervortretenden Konflikte zwischen der politischen Führung und der Gesellschaft in der DDR konkret zu akzentuieren25 . Dabei sind zwei Grundsachverhalte immer wieder betont worden:

das umfassende Legitimationsdefizit der Parteiherrschaft in der DDR

So hat der Autor schon 1982 festgestellt: „Die überzogene politische Inanspruchnahme der DDR-Bevölkerung durch eine Vielzahl gesellschaftlicher Verpflichtungen (Mitgliedschaft in Parteien und Massenorganisationen, Beteiligung an Wettbewerbsinitiativen zur Erfüllung des Wirtschaftsplans usw.) führt zwar zu einem hohen Grad einer formalen politischen Partizipation, begünstigt aber gleichzeitig eine weitgehende faktische Entpolitisierung breiter Bevölkerungsteile, die sich vorrangig auf die Verwirklichung individueller Lebensansprüche oder Karriereerwartungen konzentrieren. Diese politische Apathie ist der Ausdruck einer tiefen Frustration, die sich aus der Erfahrung ergibt, daß gesellschaftliches Engagement auf den aktiven Einsatz für von oben vorgegebene Ziele beschränkt wird, während die Formulierung eigener Positionen sowie die Äußerung von Gesellschaftskritik als ’systemfeindlich‘ tabuiert und mit Einsatz staatlicher Machtmittel sanktioniert wird … Das politische Dilemma des realen Sozialismus liegt in einer fortschreitenden Erosion seiner ideologischen Glaubwürdigkeit … Gesellschaftliche Leitbilder und konkrete Bedürfnisse der DDR-Bürger stimmen weitgehend mit den in der Bundesrepublik vorherrschenden Wertorientierungen und Verhaltensnormen überein.“26

die fortschreitende Abwendung der jungen Generation vom propagandistisch verklärten „Staat der Jugend“  

Das folgende Zitat stammt aus einer Studie, die 1985 entstanden ist: „Eine überzogene politische Inanspruchnahme sowie ein Übermaß an Agitation und Propaganda haben in weiten Teilen der Jugend eine Entpolitisierung begünstigt… Sie nimmt die Leistungen ihrer Gesellschaft als Selbstverständlichkeiten hin und steht indifferent oder irritiert den proklamierten Leerformeln der ’sozialistischen Lebensweise‘ gegenüber. Jugend in der DDR stößt immer wieder auf Grenzen und Widersprüche, die durch die politische Rhetorik zwar überdeckt, aber nicht beseitigt werden.“27

Von solchen Resultaten der DDR-Forschung, die – beliebig ausgewählt – das Scheitern der DDR zwar nicht prognostiziert, aber einige wichtige Gründe dafür frühzeitig benannt haben, ist in Jens Hackers Buch nicht die Rede – ganz zu schweigen von vielen anderen kritischen Beiträgen. Wir können daraus ableiten, daß es unzureichend ist, die DDR-Forschung nur als Politikum wahrzunehmen. Ein fundiertes Urteil über die DDR-Forschung läßt sich nur begründen, wenn man den Standpunkt politischer Funktionalisierung und einer fraktionierten Wahrnehmung ihrer Erkenntnisleistungen und -defizite verläßt. Eine wissenschaftliche Bilanz erfordert, nicht nur ihre Mängel zu summieren , sondern vor allem ihre substantiellen Ergebnisse in einer komplementären Betrachtung zu bestimmen. Zu den wichtigen Resultaten der DDR-Forschung zählen die Leistungen von Peter Christian Ludz und Karl Wilhelm Fricke, es ist unangemessen, daraus eine falsche Alternative zu konstruieren . Es ist überdies unproduktiv: Ein Forschungsfeld, das seine Selbstdemontage undifferenziert mit Eifer betreibt, setzt damit seine Existenzberechtigung selbst aufs Spiel. Forschungskontroversen müssen substantiell geklärt werden. Gegenwärtig zeigt sich aber: „Solche Streitfragen werden in Medien und auf Tagungen zum Teil mit einer Aggressivität verhandelt, die die Forschung fast als Nebensache erscheinen läßt.“28  Daher lautet meine zweite These: Eine Bilanz der DDR-Forschung ergibt sich nicht aus der Summe ihrer (politischen) Fehleinschätzungen, sondern aus der Synthese ihrer (wissenschaftlichen) Erkenntnisleistungen. Desiderate der Forschung müssen in der Absicht bestimmt werden, künftige Forschungsschwerpunkte deutlicher zu konturieren.

 

3. Die DDR als Thema der Zeitgeschichtsforschung

Seit dem 3. Oktober 1990 ist die DDR ein abgeschlossener Teil der deutschen Nachkriegsgeschichte. Sie ist damit zum Gegenstand der Zeitgeschichtsforschung geworden, der freilich multidisziplinäre Forschungsprojekte und interdisziplinäre Kooperation einschließt. Wenn wir die oft beschworene „innere Einheit“ erreichen wollen, ist es unabdingbar, daß wir die Geschichte der SED-Diktatur und die Beziehungsgeschichte der beiden deutschen Staaten umfassend rekonstruieren. Nachdem die geheimen Partei- und Staatsarchive geöffnet sind, wird es möglich sein, die Motive der politischen Akteure und die Genese historischer Prozesse genauer zu interpretieren, doch bleiben dabei Fragen offen, die für die Aufarbeitung der Nachkriegsgeschichte der Deutschen zentrale Bedeutung besitzen. Der SED-Staat ist im Wendejahr 1989/90 untergegangen, seine Machtstrukturen sind zerbrochen. Es bleibt wichtig, die Diktaturgeschichte der DDR detailliert zu untersuchen, ebenso bedeutsam ist jedoch die Gesellschaftsgeschichte der DDR; denn die Menschen, die über einen Zeitraum von mehr als 40 Jahren der SED-Herrschaft unterworfen waren, sind ein Teil des vereinten Deutschland geworden. Die innere Einheit der Deutschen, die Zusammenführung von zwei Teilgesellschaften, läßt sich nur verwirklichen, wenn wir gemeinsam verstehen, wie die Menschen in der DDR gelebt haben , durch welche sozialen und politischen Erfahrungen sie geprägt worden sind. Die Rekonstruktion der Gesellschaftsgeschichte der DDR ist daher eine zentrale Aufgabe einer zeitgeschichtlichen Forschung, die sich in einem interdisziplinären Sinn als „historische Sozialwissenschaft“ (Hans- Ulrich Wehler) versteht.

Das Verhältnis von Politik und Gesellschaft in der DDR kann nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Intentionen und Konzeptionen der SED-Führung betrachtet werden, bedeutsamer ist die Frage nach den Wirkungen der Politik im Hinblick auf die Gesellschaft in der DDR. Obwohl sich die sozialwissenschaftliehe DDR-Forschung seit Beginn der siebziger Jahre in zahlreichen Studien um eine soziologische Analyse der DDR-Gesellschaft bemüht hat, ist das Projekt einer Gesellschaftsgeschichte der DDR bisher über sondierende Ansätze nicht hinausgekommen. Dies hängt nicht nur mit der Komplexität dieser Problemstellung zusammen, sondern ergibt sich vor allem aus dem spezifischen Erkenntnisdilemma sozialwissenschaftlicher DDR-Forschung: Die SED hat mit ihrer Politik alles unternommen, um eine Realanalyse der Gesellschaft in der DDR zu verhindern.

Der wissenschaftliche Diskurs über die Gesellschaftsgeschichte der DDR ist nach der Wende erheblich ausgeweitet worden. Westdeutsche Sozialwissenschaftler sowie Forscher aus der ehemaligen DDR haben dieses Thema neu aufgegriffen, das zuvor weitgehend nur die Spezialisten der DDR-Forschung beschäftigt hatte. Mit dieser Entwicklung war auch ein Perspektivenwechsel in der Wahrnehmung der DDR-Gesellschaft verbunden: Während das Erkenntnisinteresse in der DDR-Forschung auf den Systemwandel gerichtet war, also vor allem Stabilisierungsfaktoren, Konfliktpotentiale und Reformbedingungen des sozioökonomischen Systems in der DDR thematisiert hatte, rückte nach der Wende der Aspekt in den Vordergrund, wie der „Zusammenbruch der DDR“ umfassend erklärt werden kann. Dabei ging es nicht nur um eine Analyse der „Finalitätskrise“ der Politik29 , sondern auch um den Loyalitätsverfall in der Gesellschaft30, der sich schließlich im Herbst 1989 als“ Widerstand durch Auflehnung“31 manifestierte.

Mit einer rückwärtsgerichteten Teleologie, einer finalen Geschichtsbetrachtung, kann die gesellschaftliche Realität der untergegangenen DDR ebensowenig erfaßt werden wie die Vielfalt und Ambivalenz von Lebensgeschichten, die sich in diesem Land ereignet haben32 . Die Gesellschaftsgeschichte der DDR läßt sich nur verstehen, wenn wir unterscheiden, „zwischen dem, was man heute weiß, und dem Horizont, aus dem man damals handelte“33 , „wenn sie aus der Sicht der Betroffenen nachvollziehbar wird“34 . Ich plädiere für ein neues Forschungskonzept, das Politikgeschichte, Justizgeschichte, Wirtschaftsgeschichte, Ideologiegeschichte, Gesellschaftsgeschichte, Kulturgeschichte, Alltagsgeschichte, Soziologie und Sozialpsychologie miteinander verbindet und das sich als kooperative Deutschlandforschung darstellt, in der sich das Forschungspotential aus den alten und den neuen Bundesländern auch in gemeinsamer Projektarbeit zusammenfügt. Meine Abschlußthese folgt Jürgen Kocka: „Historiker haben die Aufgabe, der methodisch kontrollierten und abwägend analysierenden Erinnerung zum Durchbruch zu verhelfen und nicht dem Vergessen“35 .

 

Anmerkungen

1   Eine Ausnahme bildet der differenzierte Überblick von Gerd Meyer: Sozialistische Systeme. Theorie- und Strukturanalyse, Opladen 1979.

2   Jens Hacker : Deutsche Irrtümer. Schönfärber und Helfershelfer der SED-Diktatur im Westen, Berlin 1992.

3   Ebd. , S. 14.

4   Vgl. dazu Ralf Altenhof: Die deutschen Irrtümer von 1949 bis 1989. In: Deutsche Studien, 119 (September 1993) , S. 310 – 316, bes. S. 31ff.

5   J. Hacker (Anm. 2), S. 409 – 449.

6   Carola Becker: Kläglich versagt. Was die DDR-Forscher im Westen hinderte, die Wahrheit zu erkennen . In: Die Zeit vom 24. Mai 1991, S. 74.

7   Bernhard Schäfers erwähnt neben den „verdienstvollen Bemühungen von Peter Christian Ludz … die Arbeiten von Dieter Voigt, Rüdiger Thomas und einige jugendsoziologische Studien von Walter Jaide und Barbara Hille“ . (In: Soziologen-Tag Leipzig 1991. Soziologie in Deutschland und die Transformation großer gesellschaftlicher Systeme. Hrsg. im Auftrag der Gesellschaft für Soziologie [Ostdeutschland] von Hansgünter Meyer, Berlin 1992, S. 62.) Wolfgang Zapf kommentiert eine Studie „Sozialstruktur und gesellschaftlicher Wandel in der DDR“ mit der Bemerkung: „Im übrigen finde ich es beeindruckend, wie souverän Katharina Belwe … als Vertreterin der inzwischen so gescholtenen westdeutschen DDR-Forschung diese komplizierte Debatte [gemeint ist die Sozialstrukturdebatte der achtziger Jahre in der DDR R. Th.] dargestellt hat … “ (Vgl. Die DDR 1989/90 – Zusammenbruch einer Sozialstruktur? In: Hans Joas/Martin Kohli [Hrsg.]: Der Zusammenbruch der DDR, Frankfurt a.M. 1993, S.32).

8   Karl C. Thalheim: Die Aufgaben einer wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Vereinigungsforschung. In: Deutschland Archiv, 24 (1991)10, S. 1083.

9   Eckhard Jesse: Die politikwissenschaftliche DDR-Forschung in der Bundesrepublik Deutschland. In: Peter Eisenmann/Gerhard Hirscher (Hrsg.): Dem Zeitgeist geopfert? Die DDR in Wissenschaft , Publizistik und politischer Bildung, Mainz 1992, S. 13 – 58.

10 DetIef Pollack: Zum Stand der DDR-Forschung. In: Politische Vierteljahresschrift, 34 (1993)1, S. 119 – 139.

11 J. Hacker (Anm. 2), S. 438.

12 Vgl. Friedrich-Christian Schroeder. Die neuere Entwicklung des Strafrechts in beiden deutschen Staaten . In: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 4-5/88, S. 18 – 28, hier S. 28.

13 Vgl. dazu auch meinen eigenen Beitrag: Von der DDR-Forschung zur kooperativen Deutschland-Forschung. Bilanz und Perspektive eines umstrittenen Wissenschaftsfeldes. In: Zeitschrift für Parlamentsfragen, 21 (1990)1, S. 126 – 136. Nachdruck in diesem Band, S. 299-313.

14 Vgl. Kurt Sontheimer: Real war nur der schöne Schein. In: Rheinischer Merkur/Christ und Welt vom 23. Februar 1990, S. 2; Wilhelm Bleek: Deutschlandforschung.In: Werner Weidenfeld/Karl-Rudolf Korte: Handbuch zur deutschen Einheit, Frankfurt a . M./New York 1993, S. 154 – 161. Siehe auch Klaus von Beyme: Die vergleichende Politikwissenschaft und die Paradigmenwechsel in der politischen Theorie.In: Politische Vierteljahresschrift , 31(1990)3, S. 457 -474.

15 Diese Forderung verfehlt die Studie von Klaus Schroeder/Jochen Staadt: Der diskrete Charme des Status quo. DDR-Forschung in der Ära der Entspannungspolitik. In: Leviathan, 21 (1993)1, S. 24 – 63. Vgl. dazu kritisch Sigrid Meuschel, Auf der Suche nach der versäumten Tat – Kommentar zu Klaus Schroeders und Jochen Staadts Kritik an der bundesdeutschen DDR-Forschung. In: Leviathan 21(1993)3, S. 407 – 423.

16 Eckhard Jesse. Wie man eine Chimäre zum Leben erweckt. Hat die DDR-Forschung versagt? Kritische Bestandsaufnahme einer allzu vorsichtigen Wissenschaft. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 24. August 1990, S. 35.

17 Karl Wilhelm Fricke: Macht und Entmachtung des Staatssicherheitsapparates in der DDR. In: Die DDR auf dem Weg zur deutschen Einheit – Probleme, Perspektiven, offene Fragen (Edition Deutschland Archiv), Köln 1990, S. 116.

18 Hier sind vor allem die Arbeiten von Hubertus Knabe und Pet er Wensierski zu erwähnen.

19 Vgl. Peter Christian Ludz, Parteielite im Wandel, Köln-Opladen 1968, 5. 35f.

20 Vgl. Rüdiger Thomas, Modell DDR, München 1972, S. 7.

21 So Ulrich Gill: Vom Ende der DDR zum Ende der DDR- Forschung? Zu Vergangenheit (und Zukunft) einer entwurzelten Forschungsrichtung. In: Jürgen Hartmann/Uwe Thaysen (Hrsg.) : Pluralismus und Parlamentarismus in Theorie und Praxis, Opladen 1992, 5 . 332. Auch Hartmut Jäckel betont die „Fragwürdigkeit einer systemimmanenten und allzu detailverliebten DDR-Forschung“ mit der Feststellung: „Sie gleicht einem Meßtischblatt, das jedes Gehöft und jede Bodensenke verzeichnet, aber nicht ausweist, daß die ganze Region permanent unter Wasser steht.“ (Unser schiefes DDR-Bild. Anmerkungen zu einem noch nicht verjährten publizistischen Sündenfall. In: Deutschland Archiv, 22(1990)10,S . 1559f.).

22 Symptomatisch Konrad Löw: Das Prinzip Gorhatschow. Anspruch und Wirklichkeit, 1989 Köln; für die gegenteilige Sichtweise vgl. Rüdiger Thomas: Was geschieht heute in der Sowjetunion? Gespräch mit Paulus Engelhardt vom 4. November 1987. In: Wort und Wahrheit, 29(1988)1, S. 28 – 35. Ein gutes Beispiel für einen selbstkritischen Umgang mit früheren Analysen und Fehleinschätzungen bietet Paul Lendvai: Zwischen Hoffnung und Ernüchterung. Reflexionen zum Wandel in Osteuropa, Wien 1994.

23 Vgl. Eckhard Jesse: Systemvergleich: Politisches System. In: Werner Weidenfeld/Karl-Rudolf Korte (Hrsg): Handwörterbuch zur deutschen Einheit , Frankfurt a.M. 1992, S. 651.

24 Gerd Meyer: Die westdeutsche DDR- und Deutschlandforschung im Umbruch. Probleme und Perspektiven. In: Deutschland Archiv, 25(1992)3, S. 273 – 285, hier S.275.

25 „Jedoch hat die sozialwissenschaftliche DDR-Forschung zu Aspekten der politischen Kultur, der Lebensweise und der gesellschaftlichen Differenzierung zumal in den achtziger Jahren vielfaltige Analysen und Materialien präsentiert, die alte und neue Trennlinien in der Gesellschaft , zwischen sozialen Gruppen und Schichten, zwischen den Generationen und nicht zuletzt im Gegensatz von Herrschenden und Beherrschten dokumentiert haben.“ (Ebd., S. 279.) Ähnlich D. Pollack (Anm. 10), S. 127: „Die Forschung hat die sich verschärfenden Konfliktlinien in der DDR genau herausgearbeitet, auch wenn sie von einer weitgehenden Stabilität des Systems ausgegangen ist und mit seinem Zusammenbruch nicht gerechnet hat.“

26 Rüdiger Thomas: Die DDR. Geschichte – Politik – Gesellschaft. In: Politik, Gesellschaft und Wirtschaft in der DDR. Politische Bildung, 5(1972)2, Neubearbeitung 1982,S.37f.

27 Rüdiger Thomas: Jugend im politisch-gesellschaftlichen System der DDR. In: Dietrich Zitzlaff/Siegfried George (Hrsg.) DDR-Jugend heute, Stuttgart 1986, S. 25f.

28 Ilse Spittmann: Das zweite Leben der DDR-Forschung. In: Deutschland Archiv, 27(1994)5, S. 458.

29 Vgl. Sigrid Meuschel: Legitimation und Parteiherrschaft in der DDR. Zum Paradox von Stabilität und Revolution in der DDR 1945 – 1989, Frankfurt a. M. 1992.

30 Vgl.dazu Winfried Thaa/lris Häuser/Michael Schenkel/ Gerd Meyer: Gesellschaftliche Differenzierung und Legitimitätsverfall des DDR-Sozialismus, Tübingen 1992.

31 Sigrid Meuschel: Wandel durch Auflehnung. Thesen zum Verfall bürookratischer Herrschaft in der DDR. In: Berliner Journal für Soziologie, Sonderheft 1991, S. 15 – 27.

32 Vgl. dazu Rüdiger Thomas: Aufklärung statt Abrechnung. Anmerkungen zum Umgang mit der DDR-Geschichte. In: Werner Weidenfeld (Hrsg.): Deutschland. Eine Nation – doppelte Geschichte, Köln 1993, S. 263 – 276.

33 Markus Meckel in der Debatte des Deutschen Bundestages vom 12. März 1992. Zit. nach: Das Parlament vom 20. März 1992, S. 5.

34 Gerd Poppe in der Debatte des Deutschen Bundestages vom 12 . März 1992. Zit. nach: Das Parlament vom 20. März 1992, S. 4.

35  Wem gehört die DDR-Geschichte? Ein Streitgespräch zwischen Jürgen Kocka und Stefan Wolle. In: Wochenpost vom 28. Oktober 1993, S. 34.

© Rüdiger Thomas

In: Heiner Timmermann (Hrsg.): DDR-Forschung. Bilanz und Perspektiven. Berlin: Duncker & Humblot 1995, S. 13-27.

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